…adrid statt Montevideo dank Flugverspätung –
Der Tag der Abreise ist angebrochen. Die Nacht hab ich durchgemacht. Bin immer noch nicht fertig mit Packen. Im Laufe des Vormittags trudeln die letzten Pakete von Amazon ein. Auf den letzten Drücker noch Wanderschuhe und Pfefferspray gekauft. Hunger hab ich heute keinen, mir ist flau im Magen. Schon die letzten Tage hatte ich häufiger das Gefühl, dass ich eigentlich gar keinen Bock habe auf die große Reise. Kann es aber nicht genauer erklären.
Nachmittags geht’s dann los. Am Bahnhof verabschiede ich mich von meine Eltern und Caro. Trici und Ammi sind in Neuseeland bzw. Holland. Ich werde meine Familie eine lange Zeit nicht sehen, die längste in meinem Leben bis jetzt. Als der Zug einfährt, winkt Timm schon. Er sitzt seit Hagen drin, wo er sich von seiner Mutter verabschiedet hat. Viel zu früh erreichen wir den Frankfurter Flughafen, der Checkin-Schalter ist noch geschlossen. Aber bei der Deutschen Bahn geht man lieber auf Nummer Sicher. Checkin, Sicherheitskontrolle, um 18:45 gate open. Warten. Durchsage, dass es zu einer 20-minütigen Verspätung beim Boarding kommt. Geplante Abflugszeit war 19:20 Uhr. Angeblich Probleme mit dem Flugpersonal. Gegen 21:30 werden auf Drängen einiger Passagiere Essensgutscheine verteilt. Wir sollen uns mit dem Essen beeilen und man rückt mit der Info raus, dass es ein Flugzeugproblem gibt. Damit steht dann auch fest, dass wir den Anschlussflug nach Montevideo nicht mehr bekommen werden. Die Maschine wird wohl kaum ne Stunde warten. Silvester also in Deutschland oder Madrid, da erst am 01.01. der nächste Flug nach Montevideo geht. Anstatt uns zu ärgern, freuen wir uns über voraussichtlich 600€ Entschädigung und das Hotel in Montevideo können wir dank Zeitverschiebung auch noch in letzter Sekunde stornieren.
Achtzig Prozent der Passagiere inklusive uns bilden eine lange Schlange vor Mäcces. Um 22:30 Uhr kommt eine Stewardess und schreit „Boarding, Boarding“. Nur langsam trottet die noch essende Menge zum Security-Gate. Über den gesamten Weg bis zur Flugzeugtür werden wir angetrieben. Schneller, schneller!
Um 22:54 Uhr Durchsage vom Kapitän: Türen sind geschlossen und wir warten auf Starterlaubnis. Das Flugzeug rollt los. Nächste Durchsage: Wir dürfen nicht abheben. Es ist jetzt eine Minute nach 23 Uhr und die (bösen) Deutschen sind streng mit dem Nachtflugverbot. Kein Scherz. Wir rollen zurück. Das Flugzeug rastet aus. Jeder klagt seinem Sitznachbarn oder wen es sonst interessiert seine eigene kleine Geschichte und was für riesen Auswirkungen das jetzt auf sein Leben hat. Wir finden es amüsant.
AirEuropa, um die Fluggesellschaft auch mal beim Namen zu nennen, organisiert Transfer zu und Übernachtung im Steigenberger. Es gibt Mitternachtsbuffet und morgens um 10:15 sei dann der Abflug geplant. Wie es für uns weitergeht, wird man uns erst morgen mitteilen können. Die Anzeigetafel zeigt 10:45, als wir um 9 Uhr wieder dort sind. Auf mehrmaliges Nachfragen bekommen wir die Info, dass wir nachmittags weiterfliegen sollen nach Buenos Aires. Was sollen wir da? Ja, gibt dann irgendwann nen Weiterflug nach Montevideo. Nichts genaueres. Wir schauen uns die Flugpläne online selber an. Kein Bock auf Silvester in der Luft und 30 Stunden Fliegen mit Umsteigen und Warten. Nö, wir wollen dann Silvester lieber in Madrid und am 01.01. abends direkt nach MVD. Über die Hotline können wir umbuchen. Immerhin etwas. Um 12 Uhr heben wir auch tatsächlich endlich ab und verlassen Deutschland.
Madrid. Nach Ausfüllen des Beschwerdeformulars und langem Warten auf’s Gepäck, finden wir mit der Metro in die Innenstadt. Fühlen uns komplett unvorbereitet auf den unerwarteten Städtetrip. Gerne würde Marie beim Puerta del Sol reinfeiern, wo eine Turmuhr mit 12 Schlägen das neue Jahr einläutet, wobei die Spanier bei jedem Schlag eine Weintraube verspeisen. Wer’s schafft, wird Glück haben im kommenden Jahr.
Wegen Silvester hat die gesamte Gastronomie rund um den Platz die Preise verdoppelt. Schon als wir um 20 Uhr nach einem Restaurant suchen, ist die Schlange für den Platz gefühlte zwei Kilometer lang. Es nieselt und ist kalt. Nee, danke.
Nach dem Essen besorgen wir Dosenbier und Trauben und stellen uns halt in eine Zugangsstraße 100m vor den großen Platz. Es wird immer enger. Straßenhändler verkaufen Masken, Perücken und matschige Weintrauben. Kalt und ungemütlich ist es. Irgendwann ein Countdown auf Spanisch. Alle jubeln. Wir mampfen die Trauben. Von den Uhrschlägen ist nix zu hören. Wird schon gepasst haben. Feliz Año Nuevo! Mehrere Sektduschen von Balkonen und allen Seiten erfassen uns. Wir sind nass, riechen nach Alkohol und haben keine einzige Rakete gesehen. Kein Bock auf Party. Etwas enttäuscht gehen wir pennen.
Churros mit Schokodip als Neujahrsfrüstück. Da sieht die Welt schon wieder besser aus. Durch die Stadt schlendern, ein bisschen Sightseeing, hier und da ein paar Tapas futtern; der Tag geht schnell rum. Jetzt nur noch mit Metro zurück zum Flughafen und pünktlich abheben, bevor wir die ersten Tage in Südamerika verbringen werden.
30.12.15 – 01.01.16