Los Torres del Paine…

Los Torres del Paine…

…bereiten uns viel Pein, aber es lohnt sich.

Von Tierra del Fuego kommend, was übrigens Feuerland heißt, weil das Erste, was die Spanier bei ihrer Eroberung sahen, das Feuer der Ureinwohner war, haben wir es dank Reservetank nach Puerto Natales geschafft. Den gesamten Montag verbringen wir dort mit Vorbereitungen für unsere Wanderung im Torres del Paine Nationalpark. Vormittags holen wir Informationen über Touren, Camps und benötigte Ausrüstung ein. Am Nachmittag kaufen wir Proviant, Gaskartuschenkocher, Topf und die besten, leichtesten, dicksten, leider auch teuersten Schlafmatten, die wir in Puerto Natales finden können. Ein Zelt mieten wir. Erst gegen Abend erreichen wir den Park. Bei Dunkelheit und Wolken kann man noch nix von den Torres erahnen. Ein letztes Mal feilen wir am Plan. Wir werden die große Rundroute (das „O“) laufen. Dauer 7-10 Tage. Im Leben nicht! Nicht mal das ganze „W“ wollen wir in Angriff nehmen.
Tag 1 (Torres del Paine): Start und Ende beim Hotel Las Torres, 18,4km, 890 Höhenmeter, geplante 8h-Dauer, Hauptziel natürlich beim Mirador Base Las Torres, schlafen im Camper.
Tag 2 (Valle del Francés): Start bei Zona Pudeto, mit der Fähre zum Paine Grande, 21,1km, 780 Höhenmeter, geplante 11h-Dauer, Hauptziel Mirador Británico, Zwischenziel und Ende beim Campamento Italiano, schlafen im Zelt.
Tag 3 (Glaciar Grey): Start Campamento Italiano, 29,6km, 620 Höhenmeter, geplante 10,5h-Dauer, Hauptziel Glaciar Grey, Zwischenziel und Ende beim Paine Grande, bzw. Fähranleger Zona Pudeto.

Dienstagmorgen um Neun laufen wir mit Tagesrucksäcken vom Parkplatz des Hotels Las Torres, wo wir auch gepennt haben, los. Die Schuhe drücken schon nach wenigen Metern. Die Hacken schmerzen. Nach lächerlichen 30 Minuten machen wir Frühstückspause. Nutellabrote. Für die erwarteten Strapazen haben wir uns ein kleines Glas für 5€ gegönnt, nachdem wir es in Argentinien für 10€ gelassen haben. Traumhaft lecker nach so langer Abstinenz. Ist das ein Puma? Ein Puma! Nee!? Echt. Keine 20 Meter von uns entfernt streift da ein riesen Vieh über den Weg und fühlt sich weder von uns noch den anderen acht Wanderern, die dieses mega Ereignis miterleben dürfen, gestört. Drei Mal im Jahr wird hier im Park ein Puma gesichtet. Wir können unser Glück kaum fassen. Schnell das Tele drauf und noch nen Shot erhaschen. Geilomeilo. Der Tag geht ja gut los, so kann’s weitergehen. Der Pfad schlängelt sich durch Buschlandschaft, Wald, Matsch, über Flüsse, Steine und Felsen.

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Nach 3,5 statt 4 Stunden sind wir da. Wow! Awesome, amazing, the most beautiful view ever, um es mit Standard-Ami-Ausdrücken zu beschreiben. Die drei Türme stehen zwar im Schatten der dicken, weißen Wolkendecke und die Spitzen sind von ein paar Schleierwolken bedeckt, aber die Sonne lässt die Lagune davor in einem tollen Türkis strahlen. Echt klasse! Wir freuen uns über das „Wetterglück“, futtern gerade unsere Sandwiches, als es anfängt zu donnern; denken wir zumindest für ein paar Sekunden. Dann sehen wir, dass an den Bergen ein Stück Eis abgebrochen ist und mit lautem Grummeln und einer großen Schneeschwade ins Wasser fällt. Cool zu beobachten und ein netter Vorgeschmack auf das, was uns am Perito Mereno Gletscher noch erwartet.
Es fällt schwer sich vom Anblick der Torres loszureißen, zumal man ständig hofft, dass gleich die Wolken wegziehen und man das ja nicht verpassen will. Dem kleinen Zorro gefällt es auch.

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Eine Stunde und zahlreiche Fotos später treten wir den Rückweg an. Wir leiden beide ganz schön. Gerade die Abschnitte, wo es ein bisschen bergauf geht, tun höllisch weh an den Hacken. Zurück am Camper macht sich ein Gefühl von Zufriedenheit breit. Eine eiskalte, dafür kostenlose Dusche gibt uns den Rest. Noch 34 Brote geschmiert und dann ab ins Bett.

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Die Rucksäcke sind schwerer als erwartet. Zelt, Schlafsack, Isomatte, Kochzeug, Kamera, Wechselschuhe, -shirt und -socken sowie Proviant für zwei Tage plus drei Liter Wasser machen mal eben 13 Kilo. Auf den 100m vom Camper zur Fähre macht Timm schon schlapp. Er will abbrechen. Seine Schuhe drücken so doll auf die Achillessehne. Wie Messerstiche, sagt er. Marie bittet und bettelt, bis wir dann doch auf die Fähre steigen. Er wird halt direkt auf Nike Free umsteigen. Geht ja gut los.

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Nach 30 Minuten Schippern über den Lago Pehoé nehmen wir unsere Rucksäcke aus der Gepäckecke und müssen feststellen, dass der Fußboden darunter und damit auch unsere Rucksäcke nass sind. Das Schlimmste ist, dass uns eine Teilschuld trifft. Es lag wohl zu viel Gewicht auf dem Mundstück von Timms Trinkblase, von dem wir bis jetzt nicht wussten, dass man es verschließen kann. 1,5 Liter Wasser fehlen und sind in den Rückenpolstern unserer Rucksäcke, die man auswringen kann, so nass sind die. Die Schlafsäcke und alles andere drinnen ist zum Glück trocken. Wir versuchen es mit Klopapier etwas zu trocknen. Timm wechselt seiner Schuhe und meint, wir sollten lieber zurückfahren. Kaputte Füße, nasse Rucksäcke, Unglücke passieren immer im Dreierpack. Leider soll er Recht behalten.

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Der Weg bis zum Campamento Italiano zieht sich. Die Rucksäcke sind einfach viel zu schwer. Keine Ahnung, wie andere das machen. Und die Füße erst. Auiii! Statt 2,5 brauchen wir 3 Stunden. Dann die schlechte Nachricht am Camp: Man braucht eine Reservierung und für heute ist schon alles voll. Da hilft alles verhandeln und lieb, traurig, hilflos gucken nix. Wir können es nach 17 Uhr nochmal versuchen, falls jemand nicht kommt. Kannste ja nicht ahnen, dass man bei dem kostenlosen Campingplatz trotzdem reservieren muss. Wir diskutieren, was wir machen sollen, als uns ein Deutscher anspricht, dass wir seine Reservierung haben können, sie laufen noch bis zum nächsten Refugio weiter. Läuft bei denen. Jippi, klar, nehmen wir gerne. Die Ranger schauen nicht schlecht und witzeln, dass man als schöne Frau alles bekommt. Tja!
Platz aussuchen, Zelt aufbauen und nur mit Wasser, Keksen und Kamera weiter. Sputen ist angesagt. Es sind noch angegebene 3,5h hoch plus Return und es ist schon 15 Uhr. Der Blick zurück ins Valle del Frances wird mit jedem Höhenmeter besser. Die Entgegenkommenden werden immer weniger, bis einer meint, „twenty more minutes“. Thank you, kein Bock mehr nämlich. Nochmal kurz klettern, dann haben wir es geschafft, halb 6 ist es. Fairerweise muss man sagen, dass die letzten keine Ahnung wieviel Meter gesperrt sind, worüber wir quasi garnicht enttäuscht sind. Aber von hier ist der Blick auf los Cuernos, die anderen Berge, wie sie nicht alle heißen, und das Tal schon toll, wenn auch nicht überragend wegen Licht und so.

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DSC05119b Auf dem Rückweg treibt uns die Vorfreude auf die vorgekochte Spagetti Bolognese an, während uns noch zwei, drei Sprinter entgegenkommen. Verrückte! Was stimmt mit denen nicht? Hungrig verputzen wir die ganzen 1,5 Kilo, ziehen nach fast 12 Stunden endlich die Schuhe aus und quetschen uns samt Gepäck und Käsegeruch in das 190cmx100-120cm kleine Zelt. Kuschelig und gemütlich ist es, bis zu dem Moment als Timm meint, seine Matratze verliere Luft. Auch nach erneutem Aufpusten liegt er nach 20 Minuten wieder auf dem Boden. Er kann sein Pech nicht glauben. Das macht das Dreierpack Unglück voll. Er hatte Recht. Schon im Oman hatte er damals eine undichte Matte erwischt, aber die hier ist highend. 150€ haben wir geblecht, da kann man jawohl von ner anständigen Warenausgangskontrolle ausgehen.

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Um sechs Uhr klingelt der Wecker. Timm hat eine, im wahrsten Sinne des Wortes, harte Nacht hinter sich und kalt war es auch. Er will nicht mehr zum Gletscher laufen. Meint, Marie könne ja alleine los. Er packe dann später das Zelt alleine ein, warte am Camper und trage sogar ihre Matte zurück, fügt er hinzu. Doch alleine hat sie auch keine Lust. Also weiterpennen und irgendwann zusammen gemütlich zur Fähre zurück? Die fährt halt nur um 10, 13, 17 und 18:30 und Timm kann eh nicht pennen. Dann lieber zügig los um die Erste noch zu erwischen (oder vielleicht doch noch zum Gletscher laufen zu können). In allen anderen Zelten rührt sich noch nix. Um 7:10 Uhr sind wir startklar und um 9:45 erreichen wir Paine Grande, wo die Fähre ablegt.

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Timm lässt sich ein weiteres Mal überreden. Also packen wir um, lassen fast alles da und nehmen die 11km zum Glaciar Grey in Angriff. Es ist ein Lauf gegen die Zeit: Start um 10:15 Uhr +4h hin +Angucken +4h zurück +Pausen +ne halbe Stunde vor Abfahrt der letzten Fähre anstellen, um sicher nen Platz zu ergattern. Rechnerisch nicht möglich. Die Wegweiser retten den Plan, denn sie zeigen nur 3,5 Stunden an und ohne Gepäck sind wir auch meist schneller als die Angaben. Trotzdem wird’s sportlich. Deswegen stresst Timm hin und wieder, Marie sei ihm zu langsam, so würden wir es nie schaffen und wer die nächste Nacht auf der kaputten Matte schlafe, sei ihr hoffentlich klar. „Komm, du lahme Krücke!“ Alles, was kommt, ist, dass wir nach zwei Stunden Aufstieg, am höchsten Punkt der Strecke, ungefähr auf halbem Weg beide kapitulieren. Es ist ein akzeptabler Ausblick auf den Glaciar Grey und da wir, wie gesagt, in ein paar Tagen noch zum größeren Perito Moreno wollen, können wir es verkraften, den Grey nicht von Nahem gesehen zu haben, auch wenn es Marie ein bisschen fuchst, aufzugeben.

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Gemächlich geht’s zurück, nachdem Marie auch auf Nike Free gewechselt hat. Ein gutes Gefühl, wie Fußmassage, Erlösung pur. Wir warten 2,5 Stunden auf die 17 Uhr-Fähre und sind einfach unendlich froh, als wir am Camper sind. Die heiße Dusche auf einem Campingplatz, die wir uns mit Hilfe eines Angestellten dort erschleichen, kosten wir voll aus. Jetzt essen und dann bitte einfach nur noch schlafen. Insgesamt 54 km, 1900 Höhenmeter, 23 Stunden sind wir in den letzten drei Tagen gewandert. Dabei haben wir täglich geschätzte 100 Mal entgegenkommende mit „Hola“ gegrüßt und uns weitere 40 Mal mit „Gracias“ bei Wanderern, die uns vorbeigelassen haben, bedankt. Obwohl jeder weiß, dass Wanderschuhe eingelaufen werden müssen, mussten wir es trotzdem nochmal schmerzvoll erfahren. Und so verbuchen wir die Torres del Paine bei uns als die Türme des Schmerzes.

Am Cascada Rio Paine verbringen wir eine super Nacht und werden erst um halb 10 wach, als Bus-Touris, die sich eigentlich den Wasserfall anschauen sollen, über unseren Camper philosophieren. Da es Deutsche sind, öffnen wir die Luken, beantworten die diskutierten Fragen und heimsen das Lob für unser tolles Gefährt ein. Das Wetter ist endlich mal wieder nach unserem Geschmack: windstill, blauer Himmel und auch nicht zu kalt. Nach über zwei Wochen können wir wieder Stühle und Tisch auspacken, machen Pfannkuchen zum Frühstück und räumen das Wanderzeug wieder auf. Auch insgesamt machen wir mal wieder Ordnung im Camper. Ständig kommen neue Busse mit weiteren Camper-Interessierten, aber den selben Fragen. Das ein oder andere Gespräch ist ganz nett, aber aufgrund der Menge nervt’s ein bisschen.

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Zurück in Puerto Natales ergibt Timm sich der diskussionsintensiven Rückgabe der Matte, da ein Umtausch mangels Ersatzware nicht möglich ist. Von dem zurückgewonnenen Geld machen wir den bis jetzt besten Restaurantbesuch in Südamerika.
Wir gönnen uns einen weiteren Tag Pause um auch mal mit dem Blog online zu gehen und weil wir dem nächsten geplanten Wandern beim Perito Moreno Gletscher, wo das Eis bricht, noch nicht wirklich entgegenfiebern. Auf dem Weg dorthin nehmen wir noch die Cueva del Milodón, ein Riesenfaultier aus, mit.

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22.02.-28.02.2016

Kommentare
  1. Ohne Worte, was sind das super FotoS……………ist ja überwältigend. Danke ????????????????????????????????????

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