Perito Moreno: Das Eis bricht…

Perito Moreno: Das Eis bricht…

… vom Gletscher ab, wie irre –

Nach los Torres del Paine fahren wir wieder nach Argentinien rein. Als wir in EL Calafate ankommen, müssen wir leider feststellen, dass wir nun den zweiten Vogel auf dem Gewissen haben. Diesmal steckt er noch im Kühler fest. Nicht schön. Und traurig. Bei dieser tierreichen Natur, durch die wir so viele Kilometer fahren, bleibt es wohl nicht aus. Und eigentlich kann man von Glück reden, dass es noch nichts Größeres, wie Hase, Fuchs oder gar Guanaco erwischt hat. Für ein Gürteltier war es schon mal knapp, als es von links unter unser Auto lief. Ausweichen für Timm unmöglich, aber Auto und Tier hatten das richtige Tempo und so kam das Panzervieh unbeschadet auf der anderen Seite wieder raus.

El Calafate ist der Ausgangspunkt für Besichtigungen und Touren am Gletscher Perito Moreno. Wir wollen die Big Ice-Tour machen, bei der man 3,5h auf dem Eis verbringt. Der Wetterbericht sagt für Mittwoch Sonne ohne Wind voraus. Perfekt also. Wir wären auch bereit die drei Tage zu warten, doch leider ist bis einschließlich Mittwoch alles ausgebucht. Dann halt Donnerstag bei ein bisschen Wind und Wolken.
Montag und Dienstag verbringen wir mit nem coolen Stadtbummel, chillen auf nem Campingplatz, grillen und backen und schrotten aus Versehen unsere Grillplatte. Dumm.

Mittwochmorgen sind wir die Ersten, die in den Nationalpark Los Glaciares reinfahren, nachdem wir nur wenige Kilometer davor gepennt haben. Den ganzen Tag wollen wir am Gletscher verbringen. Schon vom Parkplatz aus hört man das Donnern mit dem Eisbrocken abbrechen und ins Wasser fallen.

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Auf dem ersten Balkon angekommen, sind wir überwältigt von der massiven, weißen Eiswand, die sich vor uns auftut. Bis zu 60 Meter ragt sie aus dem Wasser. Ein großer Klotz sieht aus, als würde er gleich abbrechen. Ich habe den richtigen Riecher und schnappe mir die Kamera. Als es tatsächlich aus der Richtung anfängt zu knartschen, geht alles ganz schnell. Wir bringen uns in Position, drücken die Aufnahmetaste und drei Sekunden später bricht da vor uns unter lautem Knirschen ein riesen Koloss ab und kippt langsam ins Wasser. Darauf folgt ein lautes Donnern vom Aufprall und wir beobachten staunend und mit offenem Mund die Welle, die dieser Eisklops von der Größe eines 12-stöckigen Hochhauses gerade ausgelöst hat. Gigantisch und eins der eindrucksvollsten Naturerlebnisse, die ich je gesehen habe. Ich habe Tränen in den Augen. Kann nicht sagen, ob’s an dem gerade erlebten Moment liegt oder an dem reflektierenden Licht der weißen Wand und weil ich noch keine Sonnenbrille auf habe.

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Da wir vorher gelesen haben, dass die Klötze, die da normalerweise runterkommen, die Größe eines Autos haben, wird das wohl schon das Krasseste gewesen sein, was wir sehen werden. Und so soll es sein.

Es ist ein sonniger Tag. Wir genießen den Anblick des Gletschers. Hin und wieder bricht es irgendwo, mal näher, mal weiter weg. Immerhin ist die Wand vorne fünf Kilometer lang. Timm unterhält sich mit einem Polen, der seit 2,5 Jahren auf seinem Fahrrad die Welt erkundet und sich mit Musikmachen über Wasser hält.

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Zwischen 15 und 16 Uhr bricht nochmal viel runter. Immer wieder toll zu beobachten und das immense Dröhnen dabei zu vernehmen. Langweilig wird uns nicht. Wir fangen an, die Risse zu analysieren und zu erraten, wo als nächstes was Großes abbrechen könnte. Marie pokert auf einen großen, dunkelblauen Riss, den sie schon den halben Tag in Verdacht hat und hält mit dem Teleobjektiv und Finger auf dem Auflöser drauf. Eineinhalb Stunden verharre ich in dieser Position und es passiert quasi nix.

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Um zwanzig vor 6, kurz bevor wir los müssen, um den letzten Shuttle zum Parkplatz noch zu bekommen, gebe ich auf und wechsle das Objektiv wieder. Keine zwei Minuten später bricht das riesen Teil. Zwei läppische Fotos kommen raus. Ich könnte ausrasten. Timm kann meinen Frust nicht nachvollziehen, weil das Gegenlicht auch scheiße war und irgendwie hat er auch Recht, schließlich haben wir einen Highlighttag hinter uns und das bei purem Sonnenschein. Auch mal zufrieden sein, auch wenn’s ärgerlich ist, so lange zu Warten und dann festzustellen, dass man das richtige Gespür hatte und am Ende nicht belohnt zu werden.

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Da man beim Gletscher nicht schlafen darf und um morgen nicht nochmal Eintritt bezahlen zu müssen, nehmen wir ne gute Stunde Fahrt zum Lago Roco in Kauf, wo man campen kann und mit Stempel vom Ranger angeblich am nächsten Tag wieder reinkommt. Das heute Erlebte steigert die Lust auf die morgige Tour auf dem Eis.

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Die Big Ice-Tour startet für uns am Bootsableger. Von der Fähre kann man die Höhe des Gletschers noch besser erfassen. Zu den 50-60 Metern über Wasser kommen nämlich nochmal bis zu 150m unter Wasser. In einer Gruppe von 40 Leuten laufen wir links vom Gletscher durch den Wald eine Stunde hoch.

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Dort gibt es nen Klettergurt um und Spikes an die Füße. Zu Neunt mit zwei Guides geht’s dann auf’s Eis. Das Laufen mit den Spikes ist nicht sonderlich ungewöhnlich, außer dass man beim Abheben des Fußes auch Kraft aufbringen muss, um die Dornen aus dem Eis zu ziehen. Das schmerzt dann wieder mehr an den Fersen, auch wenn’s sonst mittlerweile erstaunlich gut geht mit den Wanderschuhen.

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Die Oberfläche des Gletschers ist nicht ganz weiß und etwas schmuddelig, was an Sediment und Steinen liegt, die mit runter transportiert werden. Wir bekommen erklärt, dass unter den kleinen Steinen das Eis schmilzt, weil sie sich bei Sonne erwärmen und diese deswegen auf dem Boden von kleinen, perfekt runden Löchern liegen. Bei den größeren Felsbrocken ist das Gegenteil zu beobachten. Weil sie Schatten bilden, schmilzt nur um sie herum das Eis, sodass es aussieht, als würden diese Steine auf einem „Gletschertisch“ liegen.

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Wir laufen einen willkürlichen Weg über das Eis, bei dem wir immer wieder über Gletscherspalten und Kanäle steigen müssen. Sie fungieren zum Ablaufen von Wasser. Manche sind auch gefüllt damit, andere gerade trocken. Die Wände dieser Spalten leuchten besonders geil in dem typischen Gletscherblau. Es wirkt blau, weil das Eis so kompakt und ohne viele Lufteinschlüsse ist, dass nur das blaue Licht reflektiert wird, während dass Weiß an der Oberfläche farblos ist, weil viel Luft dazwischen ist.

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Gletscher entstehen im Allgemeinen dadurch, dass es oben auf dem Berg schneit, der Schnee liegen bleibt und das Gewicht von immer wieder neuem Schnee die Schichten darunter immer weiter zusammenpresst. Am coolsten finden wir die kleine Höhle und die große Lagune mitten auf dem Gletscher, wo wir auch unsere Mittagspause einlegen.

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Der Rückweg ist anstrengend, weil es nichts neues mehr gibt und jeder Schritt mit den Spikes schwerer wird. Auf der Fähre gibt es zur Belohnung eines Whisky on the Rocks auf Gletschereis. Ein gelungener Tag und dass das Wetter nicht so Bombe war wie gestern, war vielleicht garnicht so schlecht, da man bei nur Sonne quasi keine Fotos machen kann, weil es zu hell ist. Der sechs Stunden Lauf ohne Pause steckt uns ganz schön in den Knochen und so gehen wir ausnahmsweise mal vor Sonnenuntergang ziemlich erschöpft schlafen.

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28.02.-03.03.16

Kommentare
  1. ???? es ist soooooo schön….. Was ihr alles sehen könnt. Bleibt gesund und passt gut Auf euch auf. In Gedanken immer bei Euch. ?????

  2. Julian

    Hammer! Richtig geile Fotos. 🙂 Weiterhin viel Spass und viele Abenteuer euch beiden!

  3. Alexandra

    Das ist große Klasse was ihr da macht ??
    Genießt jeden Moment!

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