Stadt, See und Vulkan Villarrica…

Stadt, See und Vulkan Villarrica…

… in Pucón werden wir Lava sehen –

Nach der argentinischen Grenze hinter San Martin folgt die chilenische. Die selbe nervige Prozedur wie immer. Obst und Gemüse muss weg, zumindest die Köder. Das meiste haben wir versteckt. Kein Bock mehr auf den albernen Quatsch. Weil die gute Frau meint, sich jedes Gewürz genau angucken zu müssen, müssen wir die letzten 10km nach Pirihueico runter zum See ganz schön brettern. Es ist aber noch Platz auf der Fähre und so schippern wir ganz gemächlich ohne viel Wellengang 1,5h rüber nach Puerto Fuy.

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Eigentlich hatten wir ja Valdivia wegen 250km Umweg schon ausgeklammert, aber auf der Fähre hat uns jemand angequatscht, dass wir ja Deutsche wären und deswegen auf jeden Fall ins hübsche, deutsche Kolonialstädtchen Valdivia müssten. Die deutsche Brauerei und ne Schweinshaxe reizt uns schon und so schmeißen wir die Pläne um und setzen unseren Weg entlang des Lago Panguipulli nach Valdivia fort. Für die 170 km brauchen wir wegen unzähliger Baustellen fast vier Stunden. Ätzend! Direkt steuern wir die Cervezeria Kunstmann an. Für die Führungen heute sind wir zu spät dran, also widmen wir uns direkt dem Bier. Einmal das Probierduzend, bitte! Ohne Alkohol ist Quatsch, für die zwei süßen (Honig und Heidelbeere) ist es noch zu früh, zwei sind zu herb und ungefiltert schmeckt besser als gefiltert. Per Ausschlussverfahren kommen wir zu unseren Favoriten. Dazu bestellen wir Schweinshaxe mit Deutschem Sauerkraut und Kartoffelpüree. Nach dem Essen machen wir Internetgedöns, laden Bilder hoch und lassen uns dazu ein Gran Torobayo und ein Sommerbier mit ganz leichter Waldmeisternote schmecken. Ein warmer Apfelstrudel mit Vanilleeis geht noch, dann fallen uns die Augen zu. Mangels Fahrtüchtigkeit schlafen wir auf dem Parkplatz bei Malzgeruch.

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Die Führung lassen wir sausen und fahren zum Markt von Valdivia am Ufer der flussähnlichen Meerenge. Auf der rechten Seite befinden sich ca. 15-20 Obst und Gemüseverkäufer, die alle das Gleiche anbieten. Auf der linken Seite das gleiche Bild mit Fisch und Muscheln.

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Highlight ist aber das Seelöwenparadies hinter den Fischständen. Die Fischhändler entnehmen die Fische wie am Fließband und schmeißen den Abfall über die Schulter direkt in die Mäuler der Seelöwen, die da hinter auf den Steinen chillen. Plötzlich bewegt sich einer der fetten Brummer zwischen Zaun und Verkäufern. Es kommt auf uns zu und zieht sich die Treppe hoch. Dank Geschrei der Verkäufer und ihre Gestik können wir noch reagieren und weichen rechtzeitig aus, als er um die Ecke des Geländers kommt, wo wir gerade noch standen und dann einen Köpper zurück ins Meer macht.

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Mit Lachs und Gemüse eingedeckt machen wir uns auf den Weg nach Pucón, wo wir wegen der guten Wettervorhersage für morgen eine Tour auf den Vulkan Villarica buchen wollen. Über Los Lagos nach Panguipilli geht viel schneller als gestern. Ab hier sieht man den Villarrica immer besser. Rechts um den Lago Calafquen erreichen wir Conaripe, wo sie uns an der Touriinfo erklären, dass man wegen Warnstufe Gelb zur Zeit nicht auf den Vulkan kann. Mal schauen was die Touranbieter in Pucón dazu sagen.

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Durch Lican Ray und Villarrica, entlang des Lago Villarrica umrunden wir den Vulkan halb und klappern schließlich die Touranbieter ab auf der Suche nach freien Plätzen und einem günstigen Preis. Hundert Euro, sagen die nämlich, und klar gehen sie. Die Chance auf Lava ist gerade besonders groß, weil er sehr aktiv ist. Angst vor einem Ausbruch brauch man nicht haben. Das passiert statistisch nur alle 20 Jahre und der letzte war im März 2015.

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Wecker um 6 Uhr, Treffen um 6:30 Uhr, der Guide ist krank. Rumtelefonieren, hin und her, keine Info. Wir ziehen selber los und finden ne Agentur, die uns so kurzfristig noch mitnimmt, schließlich sitzen alle schon im Kleinbus. Als wir das Geld zurückwollen, heißt es dann aber, es kommt ein Guide und wir können bald los. Wir teilen uns den Transport mit einer anderen Company, die Teilnehmer sind schon genervt. Nicht unsere Schuld. Um zehn nach Sieben ist dann endlich Abflug. Im Dämmerlicht fahren wir auf den Vulkan zu. Der Himmel ist klar bis auf die Wolken, die der Villarrica auspustet. Direkt über dem Krater leuchten die Wolken orange-rot und spiegeln die Lava unten drin wieder. Einfach geil! Die Vorfreude steigt. An der Basestation auf 1400m ist viel los. Circa 120 Menschen wollen hoch. Mehr als die Hälfte nimmt für die ersten 500 Höhenmeter den Sessellift unter dem wir unseren Aufstieg beginnen. Schnell wird klar: das wird heavy werden. Der Guide legt ein zügiges Tempo vor und es ist steil und sandig. Nach 50 Minuten erreichen wir das Ende des Lifts und wir genießen zum Frühstück echtes Brot mit Kruste aus der deutschen Bäckerei in Pucón.

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Wenn wir alleine wandern und Berge besteigen, nehmen wir uns mehr Zeit für Weg, Fotos und Pausen. Aber da Wetter und Wind umschlagen könnten und man vor 13 Uhr am Krater gewesen sein muss, gibt’s kaum Verschnaufpausen und es ist wirklich anstrengend. Nach weiteren 50 Minuten erreichen wir eine alte Skiliftstation, die dem Ausbruch von 1974 zum Opfer gefallen ist. Hier treffen wir auf die drei anderen unserer zusammengewürfelten Gruppe, die den Lift genommen haben. Es wird nochmal steiler und steiniger. Nächste Pause schon nach 30 Minuten, kurz bevor das Gletschereis anfängt. Wir legen die Klettereisen an und marschieren weiter. Noch 1,5 Stunden ab hier mit Pause. Zum Glück ist es einer von den anderen, der trotz Lift zuerst schlapp macht.

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Mittlerweile laufen wir auf Lavasteinen, die der Vulkan letztes Jahr im Umkreis von ein paar Hundert Metern um seinen Krater auf das darunter befindliche Gletschereis gespukt hat. Nach 50 Minuten die letzte Pause. Mittagssandwich rein, Steigeisen aus, Jacke wegen Wind an. Nur mit Kamera, Eispickel und Gasmaske kraxeln wir die letzten 15 Minuten bis zum Krater des Villarrica auf 2847m. Gasmaske auf und näher ran. Einen Zaun gibt es nicht. Vorsichtig tasten wir uns an das qualmende Loch, bis wir die Lava sehen. YEESS! Wie geil! Den Lavasee kann man nur erahnen, aber es sprudelt auch so mal mehr mal weniger aus dem circa 60 Meter tiefen Loch. Der Gestank ist selbst durch die Gasmaske ekelhaft. In der Sprache der Mapuche, Ureinwohner dieser Region, heißt der Villarrica übrigens Rucapillán, Haus des Teufels.

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Auch der Blick in die andere Richtung ist nicht zu verachten. Vulkane soweit das Auge reicht, besonders der 3747m hohe Lanin in Argentinien ist nicht zu übersehen. Länger als 15 Minuten darf man sich wegen der giftigen Gase da oben nicht aufhalten und wir klettern zurück zu unseren Rucksäcken. Der Geschmack nach faulen Eiern benetzt noch immer die Zunge.

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Nach weiteren 15 Minuten bergab kommt das zweite Highlight der Tour. Auf dem Popo oder Plastikrutschern überqueren wir den Gletscherstreifen in zehnfacher Geschwindigkeit. Schmale Rinnen geben den Weg vor. Um nicht auf den Vordermann zu schlittern komme ich kurz von der Bahn ab, überhole und finde den Weg zurück in die Spur. Das gibt etwas Ärger vom Guide. In der nächsten Bahn droht Timm auf die langsame Spanierin vor uns aufzufahren. Der Guide ruft, „Push her in the backpack!“, von der Seite. Findet sie garnicht lustig. Bei der dritten Bahn schießt Timm etwas über das Ziel hinaus. Dahinter wird es steil und dann kommt die Klippe. Auf halbem Weg zum Abhang fängt er sich den Eispickel ins Eis rammend gerade noch auf. Das findet der Guide dann auch nicht mehr lustig und hilft ihm etwas ärgerlich zurück auf den Weg. Die vierte Bahn ist die Beste. Zwar kurz, ab richtig schön steil. Langsam geht hier nicht, egal wie sehr die Schisser versuchen mit dem Pickel zu bremsen.

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Auch die letzte dreiviertel Stunde zur Basis geht zügig vorbei. Über das Asche-Sand-Gemisch läuft es sich wie eine Sanddüne runter. Mit jedem Schritt rutscht man noch weitere 30cm nach. Um 15 Uhr sind wir zurück bei der Agentur und trinken gemeinsam ein Bier. Zurück am Auto werden wir von einem Pärchen aus Französich-Guiana angequatscht. Sie sind mit einem alten, dunkelgrünen Mercedestruck unterwegs. Wir erinnern uns in Puerto Natalas eine Nacht neben ihnen gestanden zu haben. Man tauscht sich über Routen und Erfahrungen aus. Vier bis fünf Jahre planen sie für den Kontinent. Wie gestern stellen wir uns wieder auf den schwarzen Sandstrand des Lago Villarrica am Ortsende von Pucón und duschen einigermaßen warm im Camper, denn der See ist echt zu kalt. Wie gestern gibt es Lachs mit Salat Teil 2 und wie gestern gehen wir früh schlafen. Und wir schlafen lange…

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Erst gegen Mittag verlassen wir Pucón und fahren mit kurzem Stopp an den Wasserfällen Ojos de Caburgua zum Lago Caburgua. Die Sonne scheint, es sind 22 Grad und uns gefällt es hier. Deswegen entscheiden wir kurzerhand zu bleiben und mal ein bisschen zu chillen und runterzukommen von der doch sehr turbulenten letzten Woche. Aber es gibt immer was zu tun.

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Bis die Sonne untergeht schreibt Marie am Blog, während Timm an der Solar-/Elektronikanlage bastelt. Ergebnis ist ein fertiger Blogeintrag und eine Solaranzeige, die jetzt neben der Batteriespannung auch den aktuellen Verbrauch zeigt. Beim Kochen dann Licht aus. Stromausfall. Solarregler leuchtet nicht. Erstmal essen mit Stirnleuchte. Timm geht auf Ursachenforschung und löst das Problem. Ein Kabel war zu sehr auf Spannung und ist aus der Öse gerissen. Dann endlich schlafen, während die Hunde draußen unseren Camper bewachen.

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In Curarrehue wollen wir etwas über die Kultur der Mapuche erfahren. Das Museum ist eher schlecht und so richtig was los ist hier auch nicht. Zurück in Pucón beschließen wir noch eine Nacht am See zu bleiben, weil es uns dort gut gefällt. Die Gelegenheit nutzt Timm, um unseren Kühlergrill schwarz anzusprühen, wie schon lange geplant. Porno!

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Am See Villarica entlang fahren wir in die Stadt Villarica, stoppen bei der deutschen Bäckerei, schauen dann das dortige Kulturzentrum mit Mapuchehaus an und kaufen Souvenirs auf dem Kunstmarkt.

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(08.04. – 13.04.2016)