Paradisischer Wasserfall im Cochamo-Tal…

Paradisischer Wasserfall im Cochamo-Tal…

… und Salto de Petrohue –

Zurück von Chiloé auf dem Festland düsen wir geradewegs zum vierten Mal nach Puerto Montt rein und zum Krankenhaus. Der angegebene Ort stellt sich aber als Baracke des alten Krankenhauses raus und müsste sowohl im Reiseführer als auch in Google Maps mal aktualisiert werden. Wir finden das neue, sehr modern wirkende Krankenhaus recht flott und nach einigem Hinundher-Gefrage und -Gelaufe komme ich unerwartet schnell dran. Allerdings nur, damit man mir mitteilen kann, dass ich besser woanders hingehen solle, wenn ich versichert sei, weil es hier ein „langer Weg“ ist. Schnell erklärt er noch den Weg zur Privatklinik und lässt uns nicht die Wahl zu entscheiden, ob wir warten wollen. Die Privatklinik stellt sich als Universitätsklinik raus und da wir die Einzigen sind, komme ich direkt dran. Der Arzt spricht leider kein Englisch, kommt aber schnell zur Diagnose, dass es ein Pilz ist, als er den Fleck betrachtet. Auf Timms Rückfrage, ob er Borreliose ausschließen kann, erklärt er, dass das nur Babys und Kinder bekommen können und es für Erwachsene keine Gefahr darstellt, weil sie ein gutes Immunsystem haben. Was ein Schwachsinn, denken wir uns. Ich sage, dass ich schon Salbe gegen Pilze draufgeschmiert habe. Daraufhin überlegt er kurz, will sich mit einem Dermatologen besprechen und macht eine Foto. Nach 15 Minuten kommt er erneut und bleibt dabei, dass es ein Pilz sein muss. Er verschreibt die Salbe, die ich schon habe, drei Mal täglich über zwei Wochen und ein Medikament zur zweimaligen Einnahme. Timm wird etwas ungehalten, versucht ihm klar zu machen, dass in Deutschland sehr wohl auch Erwachsene von Borreliose betroffen sein können und es eine Krankheit mit schlimmen Folgen sein kann, gegen die man schnell etwas tun muss und nicht erst zwei Wochen ein bisschen Salbe draufschmiert und gucken kann, ob’s weggeht. Der Arzt ist sich seiner Sache sicher und so nehmen wir das Rezept und lassen es gut sein.

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Den Hunger flott bei Mäcces gestillt, shoppen wir über ne Stunde im Baumarkt und geraten etwas in Kaufrausch. Da es in Puerto Montt ja keine geeignete Übernachtungsmöglichkeit mit Camper gibt, stellen wir uns ans Ende der Strandpromenade von Puerto Varas. Der Platz scheint beliebt, drei andere Overlander warten schon auf uns und alle 30 Minuten fährt sogar die Polizei vorbei um nach dem Rechten zu sehen. Der nächste Tag verläuft ähnlich unspektakulär wie gestern: Lebensmittel und Camperutensilien shoppen, Öl ablassen, endlich wieder Ordnung im Camper machen, sprich umräumen nach der Mitnahmeaktion, tanken, Wasser füllen. Immer noch im Kaufrausch freut sich Marie am meisten über die eingelegten, getrockneten Tomaten in Öl und Timm über den FM-Transmitter.

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Als wir den Startpunkt für die morgige Wanderung im Valle Rio Cochamo erreichen, ist es schon dunkel. Marie hat ne unruhige Nacht hinter sich mit Fieber, Schüttelfrost und Kopfschmerzen. Als der Wecker um 7 Uhr klingelt, snoozen wir eine Stunde, bis die Schmerztablette wirkt und wir starten können. Es erwarten uns 14 Kilometer bis zum Ziel La Junta mit wenig Steigung und 3-5 Stunden Dauer. Der Weg ist matschig bis schlammig, gespickt mit großen Steinen und reichlich Pferde-und Kuhmist. Das Blätterdach ist dicht und lässt kaum Licht durch. Jeder Schritt erfordert Konzentration und Planen der nächsten Schritte. Kühen und ihrer Scheiße Ausweichen und Zickzack Laufen machen 6km/h unmöglich. Aufgrund eines Streits gehe ich erst mal alleine weiter durch den dunklen Wald.

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Nach einer Flussüberquerung führen mehrere Pfade weiter und nach 5 Minuten wieder zusammen. Aber welcher von den drei anderen ist wohl der zum Ziel? Alleine entscheiden ist doof, Umdrehen keine Option. Nach ein paar weiteren Metern stelle ich erleichtert fest die richtige Wahl getroffen zu haben.

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Als ich nach einer halben Stunde die Kamera für ein Foto zücke, höre ich von hinten Stimmen. Ein kleiner, schwer bepackter Südamerikaner kommt lächelnd auf mich zu mit Timm im Schlepptau. War klar. Aufgrund der Sprachbarriere gehen wir schweigend hintereinander bis zu einem Schild, das dazu auffordert eine Pause einzulegen. Dort unterhalten wir uns jedenfalls ein bisschen und gehen dann erst gemeinsam weiter, bis die Jungs am Ende vorlaufen, weil ich noch Fotos von dem farbenfrohen Fluss mache.

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Als ich den Campingplatz von La Junta erreiche, sehe ich die Zwei schon von Weitem. Die freie Grasfläche am Fluss wird von beiden Seiten eingerahmt von hohen Granitfelswänden. Nach der Mittagspause verabschiedet sich Max und wir suchen den Weg zu dem ersten Wasserfall, den wir uns anschauen wollten. Wir reden weiterhin kein Wort und Timm folgt mir in weitem Abstand. Die Lagune mit den Felsrutschen ist paradiesisch schön. Wenn das Wasser nicht so bitterkalt wäre, wären wir wohl beide längst drin und gerutscht.

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Zurück zum Camp mache ich einen falschen Schritt bei der Flussüberquerung und stehe kurz bis zur Wade im Wasser. Zum Glück hat Timm es nicht gesehen. Zu dem zweiten Wasserfall muss man sich in einer kleinen Holzgondel am Seil entlang auf die andere Seite des größeren Flusses ziehen. Wir machen eine Pause und kommen langsam wieder ins Gespräch.

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Der Weg zu diesem Wasserfall lohnt sich nicht wirklich. Echt schade, dass wir kein Zelt haben und das Refugio renoviert wird, sonst hätten wir hier gerne ne Nacht verbracht und hätten es vor allem zum Arco Iris hochgeschafft, von wo aus die Aussicht fabelhaft sein soll.

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Gemeinsam machen wir uns auf den Rückweg. Zurück im Wald ist es eh schon dunkel und wird immer dunkler. Der Weg zieht sich unendlich lang. Wir haben beide sowas von keine Lust mehr und Füße und Beine sind fertig. Das gemeinsame Schicksal schweißt wieder zusammen. Gemeinsam können wir auch schon wieder über Timm’s besten Witz seit Wochen lachen: „Soll ich gleich noch ein Familienfoto von euch machen?“ fragt er mit dem Finger auf ein paar Pilze am Wegesrand deutend. Erst um Acht sind wir zurück. Auf Kochen hat keiner mehr Bock und so liegen wir schon um 21 Uhr in der Horizontalen. Über 34km stecken uns in den Knochen und wir schlafen direkt ein.

Am Mittwoch wollen wir es bis zur Grenze nach Argentinien schaffen. Bevor wir Ensanada erreichen, machen wir einen kurzen Abstecher zu den Salto de Petrohue. Der Parkplatz ist riesig, obwohl das Wasser, wie es da über und durch den Basaltfels strömt, nicht halb so attraktiv ist, wie der Wasserfall gestern. Haupttouristenroute halt.

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Auf dem Weg entlang des Ostufers des Lago Llanquihue, vorbei am beeindruckenden Vulkan Osorno setzt der angekündigte Regen ein. Zurück im Park Puyehue finden wir den kostenlosen Heißwasserpool nicht und wollen stattdessen den Wasserboiler hinten anmachen. Dabei entsteht aus einem Missverständnis der nächste Disput. Schweigend passieren wir die chilenische Grenze um zu unserem bekannten Spot an der Lagune zwischen den Grenzposten zu gelangen. Am Abend sprechen wir uns aus und einigen uns darauf, dass sich beide mal ne Woche richtig Mühe geben.

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Die Nacht ist genauso super wie beim letzten Mal an dieser Stelle. Diese trübe Wetter passt zwar besser zu dieser Umgebung, aber es ist auch deutlich kälter. Der Motor zickt kurz beim Anlassen. Sind auch nur 3 Grad. Als wir über den Pass fahren, schneit es, aber komischerweise nur auf der argentinischen Seite. Vom Parkplatz da oben machen wir je ein Bild rechts und links aus dem Fenster, um diesen witzigen Moment festzuhalten.

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Der Zollbeamte braucht deutlich länger für die Einfuhrerlaubnis des Fahrzeugs, als die vier Kollegen davor. Der deutsche Internationale Fahrzeugschein ist aber auch ein Mistdokument. Das Deckblatt des grünen Heftchens ist nur auf Deutsch, es enthält nur 1/4 der Informationen und sieht aus wie von 1945. Als wir den Pass runterfahren, hört es endlich auf zu regnen, die Sonne gibt ein kurzes Lebenszeichen, aber Wolken und Nebel bleiben. Optimale Bedingungen für die ach so schöne Ruta de los Siete Lagos.

03.04. – 06.04.2016