Einsiedler Gerald und andere Overlander…

Einsiedler Gerald und andere Overlander…

…wir machen ein paar tolle Bekanntschaften –

Auf der Bilderbuchstraße entlang des Lago Gral. Carrera sind wir die Carretera Austral bis Villa Cerro Castillo gekommen. Wie in der Beschreibung biegen wir nach Levican ab und nehmen an dem grünen 10km-Schild die erste Möglichkeit rechts. Dunkel hier draußen, wo sich Fuchs und Hase Gute-Nacht sagen und etwas unheimlich.

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Durch zwei verschlossene Gates müssen wir durch, dann sehen wir links ein Haus mit Licht und fahren näher ran. Wir diskutieren noch, was wir machen, als eine dunkle Gestalt zu erkennen ist. Scheinwerfer aus, Tür auf, „Hola“. Es ist Gerald. Die erste schlechte Nachricht, die er für uns hat, als er hört, wir wollen hier campen, ist, dass es kein Wasser gibt. „In die Luft Spuken und drunter Herlaufen“ ist seine Alternative zum Duschen. Das Norddeutsche hört man sofort raus. Er kommt ursprünglich aus Kiel und ist vor 14 Jahren mit seiner chilenischen Frau hierher ausgewandert. Die Kleine ist ihm aber weggelaufen. Er fragt, ob wir kurz reinkommen wollen, „Deutsche sind hier selten“. „Wenn de n Bier da hast, klar!“ „Nur von der Konkurrenz, das eigene ist leer, heute frisch angesetzt.“ Wir versuchen unsere Enttäuschung zu verbergen und kommen trotzdem gerne mit rein.

Gemeinsam mit ihm verbringen wir einen lustigen und interessanten Abend bei ein paar Bier. Wir sprechen über Themen wie Waffen, Schafe schlachten und seine Lebensgeschichte und Zukunftspläne. Details zu dem Abend gibt’s im Sonderbericht Gerald.

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Am nächsten Morgen werden wir von einem Geräusch geweckt. Ich schaue aus dem Fenster und sehe ein Schaf seine Hörner an unseren Reifen wetzen. Mit Gebrüll und Schlägen gegen die Kabinenwand verscheuche ich den Kollegen. Während des Frühstücks kommt Gerald zu uns rüber und bringt eine große Schale voll frisch gepflückter Mirabellen mit, die er uns schenkt. Er bietet an uns seine Brauerei zu zeigen. Da kommen wir gerne mit.

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In dem alten Haus, an dessen Wänden man noch erkennt, wie hoch der Schlamm stand, hat er sich alles eingerichtet. Er erklärt uns die Kühlkonstruktion. Leere Flaschen werden im Voraus in seiner Tiefkühltruhe, die draußen hinterm Haus steht, gekühlt. Diese kühlen dann, wenn es soweit ist, das Wasser, das mit Hilfe der ausgebauten Waschmaschinenpumpe durch ein spiralförmiges Kupferrohr gepumpt wird und so das Bier im Topf nach dem Kochen schnell genug abkühlen lässt. Weitere Highlights seiner „Brauerei“ sind die akkuschrauber-angetriebene Getreidemühle und die Kochschürze in Form eines Frauenkorpus mit Dessous. Außerdem zeigt er uns sein Rezept- und Notizbuch und muss selber lachen über die Krackelschrift, wenn er beim Brauen zu tief ins Glas geguckt hat oder getestet hat, ob der hochprozentige Alkohol zum Desinfizieren noch gut ist.

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Von den 40 Litern Frischgebrautem dürfen wir eine Flasche mitnehmen, die in ca. 10 Tagen reif sein sollte. Das Etikett zeigt den Salto del Rio Ibañez, zu dem wir nun auch hinwollen. Der Wasserfall ist voluminös, wenn auch nicht so mächtig wie zur Regenzeit. Nach dem kurzen Ausflug über Puerto Ingeniero Ibañez, wo wir, wie versprochen, das Bier für Gerald holen, nachdem wir seins gestern Abend leer getrunken haben, sind wir gegen Mittag zurück. Wir kommen noch mal kurz ins Quatschen, als wir über die unfertige Beton-Minigolfbahn stolpern, ein weiteres mangels Kohle abgebrochenes Projekt und den begonnenen Hausanbau mit eingearbeitetem Glas von der fleißigen Freiwilligen.

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Über Ibañez fahren wir nach Coyhaique, die erste richtig große Stadt seit Ushuaia. Der Supermarkt ist ein Traum. Da wir nun wirklich mal ne Dusche vertragen könnten, fahren wir zu El Camping, eigentlich der große Garten eines Familienhauses. Es gibt mal wieder Pizza, super gut. Außerdem beschäftigen wir uns mit unserem Blog und skypen mit unseren Familien.

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Wir lernen viele nette Leute kennen, während der 3,5 Tage die wir hier, vielleicht auch gerade wegen ihnen, verbringen. Unter anderem Jeff und Monica aus Arizona, die Probleme mit ihrem Getriebe haben und deswegen bis Montag erstmal festsitzen. Jane und Dave, die seit drei Jahren mit Fahrrädern und ihrem Hund Souk unterwegs sind. Sie hoffen am Montag einen Tierarzt zu finden, der Souk operiert, weil er Krebs hat. Mit ihnen ist ein weiterer Radler angekommen, Nicolas aus Dänemark. Er hat Montag ein Jobinterview und will das gute Internet hier dafür nutzen. Gemeinsam gehen wir Samstag Abend zu einem super Burgerladen auf der anderen Seite des Flusses. Alle haben viel zu erzählen von ihren Reiseerlebnissen. Sonntag stehen wir fast ne Stunde im Supermarkt an und ohne uns abzusprechen, haben alle was zum Grillen besorgt. Ein riesen Wohnmobil mit deutschem Kennzeichen kommt an, aber statt der erwarteten 6-köpfigen Familie steigt nur Thomas aus. Auch er gesellt sich zu uns und wir sind etwas neidisch, als wir seine Bilder von den Torres del Paine sehen. Da merkt man, dass einer mit Kamera und Bildbearbeitungsprogramm umgehen kann.

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Am Montag streuen dann alle aus um ihre Aufgaben zu erledigen und wir haben nochmal Zeit und Ruhe für den Block, wenn nicht gerade eine der vielen Katzen mitgucken will, was wir da am Laptop machen. Gegen Nachmittag verabschieden wir uns und verlassen Coyhaique nach Großinkauf und sporadischer Autowäsche auf der Carretera Austral gen Norden. Kurz vor Dunkelheit fahren wir eine hübsches Plätzchen am breiten Flussbett des Rio Simson an und freuen uns auf die nächsten Tage Natur pur mit Regenwald, Delphinbucht, Vulkan und Rafting.

10.03. – 14.03.2016