…cruisen wir zum blau, blauer, Rio Baker –
Bis Mittag nutzen wir noch das Wifi vorm Restaurant von gestern Abend um die Bilder vom Fitz Roy und Cueva de los Manos hochzuladen und fahren anschließend über die Grenze. Ein schneller und problemloser Prozess. In Chile Chico, so heißt die erste Stadt, füllen wir Vorräte auf und düseln dann entlang des General Carrera, wie der riesen See auf der chilenischen Seite genannt wird. Die Landschaft ist einfach nur traumhaft. Hier entstehen also diese Fotos, von denen man denkt, dass es so eh nicht aussieht. Die Farben haben eine beeindruckende bis plastisch anmutende Tiefe und leuchten uns nur so entgegen. Klar, die Sonne strahlt mit Marie um die Wette und alles ist angerichtet, aber mit dieser Komposition hat der Schöpfer nicht viele Gegenden der Erde bedacht. Wir schlängeln uns auf und ab über die kurvenreiche Ripio-(Wellblech-) Piste, die zu unserem Erstaunen einfach mal gar nicht so nervt wie sonst. Klar durch diese Landschaft würde ich den Pickup samt Aufbau auch schieben, wenn es sein muss.
Die Laguna Verde hält was sie verspricht und passt mit ihrem türkis-grün wunderbar zu der Kratertopographie. Voller Erwartungen erreichen wir wieder und wieder neue Kuppen, die uns in der Regel nicht enttäuschen, sondern erneut überraschen. Doch Timm darf sich entlang der unbefestigten Serpentinen mit der steil abfallenden Klippe rechts nicht zu lange vom Anblick des Sees fesseln lassen, sonst wird’s gefährlich. Wenn das Wetter die nächsten Tage so bleibt: herzlichen Glückwunsch.
Zu allem Überfluss schlummern in unserem 65-Liter-Profikühlschrank selbst marinierte Rippchen und so steuern wir schon nachmittags einen abgelegenen Schlafplatz unten am See an. Hier ist nun wirklich keine Hektik von Nöten. Das Ufer scheint irgendwie Privatbesitz zu sein, aber bis auf ein paar Hunde lässt sich niemand blicken. Nach dem üblichen Gebelle werden wir auch schnell Freunde, die Vierbeiner und wir.
Zeit etwas Verrücktes zu machen, findet Marie und schlägt Timm vor, sich doch auch mal wieder zu waschen, schließlich hat sie morgens an ner Tanke geduscht. Gesagt, getan: Kurze Hose an, ab ins Naß. Upsidipsy – schon echt kurz… äh kalt. Erst zieht er sich ein Kleid an, aber dann versucht er mit einem Hechtsprung noch etwas Fisch neben die Rippchen zu garnieren. Stolz wie Oskar marschiert er wieder raus. Leider war kein Fisch zur Stelle. Wir sind trotzdem satt geworden und haben wunderbar ruhig geschlafen.
Die Region von Chile Chico bis Puerto Guadal wird von Gold- und Silberminen gesäumt. Zur unserer Rechten weiterhin – mal näher, mal weiter weg – der riesen See und tiefe Schluchten wie die Quebrada El Diabolo mit Zuflüssen. Nach einem kurzen Fußmarsch über Zäune und durch Gestrüpp zu dem versteckten Cascada de los Maquis, erreichen wir schließlich die bekannte Carretera Austral, die von Villa O’Higgins im Süden Chiles bis nach Puerto Montt führt.
Das nächste Highlight lässt nicht lange auf sich warten. „Das blaueste Blau, dass wir je gesehen haben“ oder „ein Million-Dollar-View“ geben die allgemeine Bewertung des Flusses Rio Baker ganz gut wieder. Und der Baker hält was er verspricht. Dem Lago Betrand entspringt das blaueste Blau, ein Million Dollar View.
Ein paar Kilometer weiter südlich findet die Confluencia mit dem gräulichen Gletscherfluss Neff statt. Naja, nicht gerade ein Spektakel, welches das Bedürfnis nach unzähligen Videobeiträgen auslöst, aber den kurzen Walk allemal wert. Bis nach Cochrane fahren wir noch runter, dann zurück. Am Abend quetschen wir uns durch ein paar Bäume zu unserem nächsten Schlafplatz, 4×4 sei Dank. Direkt am Ufer gibt es Rippchen Teil 2.
Der nächste Tag reiht sich nahtlos in die Farbpalette ein. Nach einem steilen Abstieg mit dem Auto erreichen wir den Ablegeplatz zu den Capillas de Mármol. 16.000 Pesos leichter und um eine Schwimmweste schwerer besteigen wir als letzte der acht Passagiere das kleine Motorboot. Ganz vorne sitzen wir. Entweder gut oder schlecht. Die Erwartungen sind irgendwie gedämpft. Keine Ahnung warum. Kalt, windig. Vllt weil der Kapitän nur ein Viertel so alt ist wie Marie und ich zusammen, oder weil die vergangenen 24h geilomässig schon am Limit waren. Seis drum, der Bub macht seine Sache gut. Richtig gut. Mit dem Boot fahren wir weit in die Höhlen rein ohne Rücksicht auf den ein oder anderen Kratzer im Unterboden. Spätestens jetzt ist klar: lieber wir sind auf deren Handyfotos als die auf unseren Hochglanz-Pics Vorne ist Jackpot.
Das reflektierende türkise Wasser belebt das Farbenspiel des Marmors. Vom Boot fotografiert bilden die Formationen perfekte Postkartenmotive. Nach gut 30 Minuten sind wir wieder an Land und müssen wohl doch die Schwimmwesten zurückgeben. Dennoch: super Trip!!
Zurück auf der Carretera regnet’s. Von Puerto Tranquillo würde sich ein Abstecher zu dem Glacier San Rafael lohnen, aber Gletschertour hatten wir schon und bei dem Wetter fehlt die Motivation. So setzen wir unseren Weg fort zum Cerro Castillo, wo wir mit Lust auf deutsches Bier und eine Dusche entscheiden dem Einsiedler Gerald einen Besuch abzustatten.
08.03. – 10.03. 2016