Abschied von Montevideo…

Abschied von Montevideo…

… und Seba, denn man soll gehen, wenn es am Schönsten ist –

Nachdem wir am Freitag unsern Camper aus dem Hafen geholt haben [Das Schiff kommt], kochen wir wie versprochen etwas Deutsches für Seba. Gar nicht so leicht, etwas typisch Deutsches zu finden, was nicht zu kompliziert ist und wofür es hier alle Zutaten gibt. Wir zaubern Linsensuppe mit Würstchen. Dass Knollensellerie fehlt, merkt Seba garnicht. Ihm schmeckt es gut, sagt er und den Rest friert er ein, um es demnächst mit seinen Großeltern zu teilen. Vom Nachtisch lässt er nix über. Kaiserschmarrn mit Apfelkompott scheint sein neues Leibgericht zu sein. Mehrmals übt er die richtige Aussprache mit einer übertrieben harten Betonung jeder einzelnen Silber.

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Höhepunkt von Montevideo ist der darauf folgende Samstag. Quasi als Abschied hat Seba mal wieder einiges geplant und organisiert, als ob wir die Zeit bei ihm nicht jetzt schon als Highlight unserer Reise in Erinnerung behalten werden. Großes Glück für uns einen so tollen und liebenswerten Menschen, wie ihn getroffen zu haben. Die ursprünglich unerfreuliche Wartezeit wurde durch ihn, seine Freunde, seine Hündin Mischa und die top Wohnung zu einer so großartigen Zeit, dass es uns schwer fällt, morgen aufzubrechen. Was Besseres hätte uns nicht passieren können. Timm und Seba lassen sich morgens einen dringend nötigen Haarschnitt verpassen. Als Werbegag wird Timm als internationaler Gast auf der Facebookseite des Friseurs erwähnt und bekommt den Schnitt gratis.

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Nachmittags fahren wir zur Festung von Montevideo westlich vom Hafen. Von oben hat man einen guten Blick auf den Hafen und die Stadt dahinter. Durch das Museum im Inneren der Burg rauschen wir etwas durch. Rüstungen, Schwerter und andere Kriegsgegenstände kennen wir zu genüge aus Deutschland, Beschreibungen sind nur auf Spanisch und das Wichtigste und für uns Interessante hat Seba uns eh schon erzählt. Danach geht’s ins Stadion. Viel besser. Das Estadio Centenario wurde am 18. Juli 1930 mit dem neunten Vorrundenspiel der ersten Fußball-WM eröffnet, nachdem es wegen Regen etwas in Bauverzug war. Einige Tage später gewann Uruguay in diesem Stadion dann das Finale gegen Argentinien und wurde erster Fußballweltmeister. Wir schauen ein Spiel des Vereins Nacional Montevideo gegen egal. Es ist nicht sonderlich spannend, aber trotz geringer Zuschauerzahl ist es eine tolle Atmosphäre. Gegen den kleinen Hunger helfen kalte Tortas Fritas und Churros als Ersatz für die Stadionwurst. Der Fanblock macht ordentlich Stimmung bis gegen Ende der zweiten Halbzeit die Anhänger von Peñarol, dem anderen, nicht nur bei Seba deutlich beliebteren Club Montevideos, überhand nehmen und mit ihren Gesängen dagegen wettern. Sicherlich sehenswerter, aber wir können es kaum erwarten der Einladung von Sebas Freund Zuni zu folgen und ein richtiges Asado zu erleben.

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Schon als wir ankommen, liegt soviel Fleisch auf dem Grillrost, dass es für eine ganze Fußballmannschaft gereicht hätte. Außer uns sind noch Andrea, Freundin von Zuni, der eigentlich Andrés heißt, und ihr Bruder da. Jedes Haus in der Gegend hat einen Garten mit gemauertem Asado. Links brennen die Holzscheite und wenn es soweit ist, wird die durchfallende Glut unter das Grillgut nach rechts geschoben. Heute probieren wir mal alles, haben wir uns vorgenommen. Das Vacio trifft unseren Geschmack am besten, außen schön knusprig, innen medium, nicht butterzart, aber auch nicht zäh. Einfach geil! Neben dem eigentlichen Asado (Rippchen) lassen wir uns auch die Blutwurst in herzhafter und süßer Variante schmecken sowie die typische Chorizo mit Brot und etwas Gemüse mit Käse. Es ist ein Traum! Wir essen mit den Fingern im Stehen direkt beim Grill, trinken Mojito und Bier (um die Wette) und sprechen ein Gemisch aus Spanisch und Englisch. Irgendwann sind wir so voll, dass wir kapitulieren müssen. So bleiben uns auch die Innereien erspart. Ein toller Abend, lecker Essen und super Menschen. So kann es weitergehen.

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Als das Bier ausgeht, steigen wir auf Fernet Branca mit Cola um und entscheiden mit steigendem Alkoholspiegel schließlich noch in eine Disko zu fahren. Andrés hat sich mit dem Trinken zurückgehalten und so fahren wir zu Sechst in seinem Auto 45 Minuten raus aus Montevideo in eine riesen Openairdisko. Dank Connections verschafft er uns auch schnellen Zutritt, denn die Schlange ist so lang, dass wir sonst vor Morgengrauen nicht mehr reingekommen wären. Zu dieser Nachtzeit verlassen wir den Laden dann nach einigen weiteren Kaltgetränken, ein bisschen Tanzen und lustigen Gesprächen.

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Auf dem Heimweg der obligatorische Halt bei Mäcces, wobei wir noch pappsatt sind. Weil es echt spät war und wir so begeistert von dem Abend und der Gastfreundschaft von Sebas Freunden waren, haben wir auf der Rückfahrt beschlossen den Sonntag bei Seba auszunüchtern anstatt aufzubrechen und alle zu einem deutschen Abendessen eingeladen. Erst eine salzig-fettige Snackplatte von Seba holt uns am Nachmittag wieder ins Leben zurück. Danach ein Deja-Vue: Welches deutsche Gericht bloß? Während wir kochen, schreibt Seba ungefragt eine Liste „Consejos para el viaje“ für uns. Er ist einfach so lieb. Gegen 22 Uhr kommen die anderen. Es gibt Kassler mit Sauerkraut und Kartoffelpüree und Seba macht nach Maries Anleitung Kaiserschmarren. Es schmeckt allen ausgezeichnet, bis auf das fertige, aus Deutschland importierte Sauerkraut vielleicht.

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Wir quatschten viel und Andrés erzählt von seiner Idee, talentierte, junge Fußballer nach Deutschland zu bringen, bei der wir ihn vielleicht in Zukunft mit Übersetzungen unterstützen können. Der letzte Abend geht zu Ende, Seba gibt uns noch nützliche Tipps für die Reise durch sein Land und Kontinent und bietet seine Hilfe bei Problemen an. Montag, wir haben unser Auto nun seit drei Tagen. Jetzt wird es wirklich Zeit aufzubrechen. Eine gemeinsame Tat noch. Da Timm die letzten Tage quasi täglich bei Seba Mate, DAS Nationalgetränk so einiger Länder Südamerikas, mitgetrunken hat, brauch er natürlich noch so einen typischen Becher und Strohhalm dafür. Und so laufen wir gemeinsam zu dem Lederwarengeschäft eines Verwandten von Seba. Während wir uns in dem intensiv nach Leder riechenden Laden noch umsehen, kann Seba es einfach nicht lassen und kauft zackzack eine Mate-Erstausstattung als Abschiedsgeschenk. Es ist sinnlos ihn davon abzubringen und uns bleibt nur, ihn genauso herzlich willkommen zu heißen, wenn er in hoffentlich nicht allzuferner Zukunft nach Deutschland kommt. What goes around, comes around, wie Seba zu sagen pflegt. Man sieht sich immer zweimal im Leben. Vielleicht ja ganz am Ende unseres Trips, wenn wir nach Uruguay zurückkehren um gegebenenfalls zurückzuverschiffen. Der Abschied fällt uns allen unglaublich schwer. Wir hatten eine großartige Zeit und sind super Freunde geworden. Danke Seba! Jetzt heißt es, den Camper startklar machen.

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15.01. – 18.01.16